Daisy Catherine Benduhn, geb. Leaves, Zeitungsbotin, Ehefrau und Mutter

Der folgende Fall einer Ehescheidung und eines heftigen „Rosenkrieges“ lässt sich nur anhand einer Schutzaufsichtsakte des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg mit dem Geschäftszeichen 37 Jug XI B 628 aus dem Zeitraum 1932-1938 darstellen.

Über die Herkunft, Nationalität und Geburtsdaten von Daisy Catherine Benduhn, geb. Leaves existieren keinerlei Hinweise, keine Unterlagen, Dokumente oder Urkunden. Aus der Akte des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg geht hervor, dass Daisy Catherine mit dem Postschaffner Bernhard Max Carl Benduhn verheiratet war. Das Ehepaar hatte drei gemeinsame Söhne: geboren 1915, 1920 und 1924.

Zu Beginn der 1930er Jahre lebte die Familie Benduhn in einer Mietwohnung mit der Adresse: Berliner Straße 19,Gartenhaus, in Berlin-Wilmersdorf. Bernhard Max Carl Benduhn trug den Hauptanteil mit seinem festen Einkommen als Postschaffner zum Lebensunterhalt der Familie bei, aber auch seine Frau Daisy Catherine hatte ihr eigenes Einkommen als Zeitungsausträgerin von etwa 40,- RM monatlich.

Doch schien die Ehe der Benduhns nicht gerade harmonisch zu verlaufen: im Jahre 1932 wurde das Jugendamt von Berlin- Charlottenburg-Wilmersdorf auf die beiden jüngeren Söhne durch einen Vermerk der Kriminalpolizei, Dienststelle K. I. VII. 1. vom 31.12. 1932, in dem die beiden Brüder mit einigen Freunden in Diebstahl von Geldbeträgen verwickelt waren, aufmerksam. Der Vater konnte aber den Verdacht gegen seine Söhne abwehren und so wurden die polizeilichen Ermittlungen wegen Mangels an Beweisen eingestellt.

Am 18. März 1933 reichte Bernhard Max Carl Benduhn die Ehescheidungsklage gegen seine Frau Daisy Catherine beim Landgericht Berlin III unter dem Vorgangszeichen 16X. 207. 33. ein. Die Beziehung der beiden Eheleute war gestört und nicht mehr zu retten: der vermutliche Grund war, dass Daisy Catherine im Juli 1933 in eine Laube in der Laubenkolonie am Fehrbelliner Platz in Berlin-Wilmersdorf gemeinsam mit einer Freundin zog, zu der ihr ein lesbisches Verhältnis unterstellt wurde. Daisy Catherine soll diese Frau Pause im Frühjahr 1930 über eine andere Freundin Frau Milde während eines Krankenhausaufenthaltes kennengelernt haben. Die Eheprobleme der Eltern hatten große Einwirkung auf die Entwicklung der drei minderjährigen Söhne. Die Erziehung der Kinder entglitt dem Vater und auch der Mutter.

Laubenkolonie am Fehrbelliner Platz

Laubenkolonie am Fehrbelliner Platz Berlin-Wilmersdorf um 1932. Quelle: Fotoarchiv Heimatmuseum Berlin-Charlottenburg

Die zerrütteten häuslichen Verhältnisse der Familie Benduhn bemerkte auch das Jugendamt von Berlin-Charlottenburg-Wilmersdorf. In einem Schreiben vom 09.05.1933 berichtete die leitende Fürsorgerin Frau Streccius dem Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, dass das Jugendamt die Schutzaufsicht gemäß § 603 R. J. W. G. für den ältesten Sohn auf Wunsch des Vaters übernommen hat, da der Junge den Eltern Erziehungsschwierigkeiten bereitete. Die Benduhns machten sich Gedanken über den weiteren Verbleib der Kinder nach der Scheidung: Frau Benduhn wollte den jüngsten Sohn zu sich nehmen, da sie sich der Erziehung der beiden älteren halbwüchsigen Jungen nicht gewachsen sah. Die Benduhns einigten sich auf folgende Regelung: sie teilten sich die Erziehung der Kinder. Die Jungen verbrachten viel Zeit in der Laube bei ihrer Mutter, morgens ging Daisy Catherine in die Wohnung und bereitete das Frühstück der Jungen zu. Das Jugendamt Berlin-Charlottenburg-Wilmersdorf hingegen war mit dieser Regelung überhaupt nicht einverstanden: besonders der verwerfliche Einfluss der Mutter auf die Kinder wurde vom Jugendamt beanstandet. Allerdings ging aus den Dokumenten nicht hervor, ob die lesbischen Beziehungen der Mutter gemeint waren. Nach Wortlaut des Jugendamtes vom 04.06. 1934: „… Nach dem Ehescheidungsurteil muß es bedenklich erscheinen, daß der Mutter ein so großer Einfluß auf die Kinder weiterhin eingeräumt bleibt. Den Plan, eine Wirtschafterin zu nehmen, hat Herr Benduhn der Kosten wegen wieder fallen lassen.“ gez. Humbert, Stadtrat

Vor dem Landgericht Berlin III mit dem Vorgangszeichen 269 R 1028/33 wurde das Ehepaar Benduhn rechtskräftig am 18.03.1934 geschieden. Beide Parteien erklärte das Gericht für schuldig. Daisy Catherine hatte am meisten unter Anschuldigungen und Diskriminierungen während des Scheidungsprozesses zu leiden, das Gericht warf ihr vor, schon in der Ehe ihren Mann mit lesbischen Beziehungen betrogen zu haben. Die Urteilsbegründung lautete: „ Bei der Beweiswürdigung ist jedoch der erwiesenen Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Beklagte zu der Zeugin Milde gg. Beziehungen unterhalten hat. Ihre dahingehende Neigung steht hiernach fest.“ Als Beweisführung benutzte das Gericht private Briefe zärtlichen Inhalts von Daisy Catherine Benduhn, die sie mit einer Zeugin Pause geführt hatte. Diese Briefe, die das lesbische Verhältnis von Daisy Catherine zu der Pause belegen könnten, sind in der Akte nicht vorhanden.

Nach der Ehescheidung der Benduhns übernahm das Jugendamt gegen den Willen der Eltern am 17.04.1934 gemäß § 56 des Reichsgesetzes für Jugendwohlfahrt die Schutzaufsicht für die drei minderjährigen Söhne.

Am 05.12.1938 leitete die Fürsorgerin Frau Streccius die Aufhebung der Schutzaufsicht ein, da sich beide Jungen, nach Meinung des Jugendamtes, zu ordentlichen und frischen Menschen entwickelt hätten. Der eine beendete am 31.03.1939 seine Lehre bei der Deutschen Telefon und Kabel AG und meldete sich als Freiwilliger beim Heeresdienst, sein Bruder erbrachte durchschnittliche Leistungen in der Mittelschule und gehörte seit dem 01.02.1934 dem Jungvolk an. Die Schutzaufsicht des ältesten Sohnes endete mit seiner Volljährigkeit am 23.02.1936, auch er ging, wie sein Bruder zum Militär. Es gibt in der Akte einen Hinweis, dass es zu ihm einen homosexuellen Bezug gibt: es ist eine Akte von seinem Freund Hans Stübe, geboren am 03.12.1915 in Berlin-Wilmersdorf, vorhanden, siehe LAB A.Rep. 342, Nr. 5923 Schutzaufsicht.

Mit diesem Vermerk vom Jugendamt Berlin-Charlottenburg-Wilmersdorf aus dem Jahre 1938 enden die Aufzeichnungen über das Schicksal der Familie Benduhn. Es existieren keinerlei Dokumente, Unterlagen zu weiteren Anhaltspunkten über den Verbleib der Benduhns während oder nach dem Kriege. Auch das Schicksal von Daisy Catherine Benduhn bleibt im Dunkeln.

Text: Daniela Fliegner

Quellen

LAB A Rep. 342 Nr. 4917, Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Schutzaufsicht Familie Benduhn, 1932-1938
LAB A Rep. 342 Nr. 5923, Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, Schutzaufsicht Hans Stübe 1933-1936