Richard Schultz (Kellner, Chef de rang)
Hans-Theodor Spann (Stadtsekretär)

Die Liebesgeschichte zwischen dem welterfahrenen Richard Schultz und dem jungen Hans-Theodor Spann entsteht aus der Sehnsucht, auch in der Zeit größter Bedrohung eine Insel zu finden, in der normales Leben möglich ist.

RICHARD SCHULTZ

links RICHARD SCHULTZ Geb. am 13.2.1889 in Rhena, Mecklenburg, verst. am 8.4.1977 in Tübingen-Bebenhausen Foto 1942 Jaro von Tucholka, Schwules Museum Berlin, Nachlass Schultz , rechts HANS-THEODOR SPANN Geb. am 29.3.1916 in Berlin- Friedenau, gefallen am 14.4.1944 bei Sslesy, „Ostfront“ Foto privat um 1938, Schwules Museum Berlin, Nachlass Schultz

Als die beiden Männer sich im Sommer 1938 kennenlernen, hat Richard Schultz, der als Chef de rang im Hotel Bristol arbeitet, in seiner Charlottenburger Wohnung in der Fredericiastraße 5a einen großen Freundeskreis um sich geschart, der die „Gemeinschaft der Eigenen“ von Adolf Brand nach ihrer Zerschlagung fortführt.

In der Zeit der Razzien, Hausdurchsuchungen und Massenprozesse gegen Homosexuelle trifft Schultz enge Sicherheitsvorkehrungen, verbannt geliebte Fotos und Insignien schwuler Kultur, schwört die Freunde auf Anonymität ein. Es entsteht ein enges Netzwerk des Vertrauens, das die Gegnerschaft zum Staat einbegreift. Manche Männer und Frauen aus dem Kreis versuchen sich anzupassen, sie heiraten, treten in die NSDAP ein. Richard Schultz geht einen anderen Weg. Als er sich in Hans-Theodor Spann verliebt, geht er das Wagnis ein, teilt ihm die Geheimnisse seines jetzigen Lebens mit, zu dem nun auch Spanns Mutter Else und die Schwester gehören. Gemeinsam genießen sie die „jours fixes“ bei Schultz, die kleinen Reisen und Ausflüge.

Richard Schultz hat sich in seiner Menschenkenntnis nicht getäuscht. Hans-Theodor Spann verrät nichts, auch als er 1939 mit ein paar Freunden in ein Strafverfahren wegen „bündischer und homosexueller Umtriebe“ gerät. Durch seinen Mut im Gestapo-Verhör bleiben Schultz und sein Kreis außer Verdacht.

Spann muss für sechs Monate ins Gefängnis, er verliert seine bürgerliche Existenz als Stadtsekretär und arbeitet nach seiner Entlassung in einem Stoffladen. 1942 wird er eingezogen, bleibt aber vorerst noch in Reichweite seiner großen Liebe. Im Februar 1944 muss er an die Ostfront, verliert sein Leben. Zurück bleiben die Liebesbriefe und die Erinnerung.

Richard Schultz überlebt im zerstörten Berlin. Er arbeitet von 1947-1951 im Club der Kulturschaffenden in der Jägerstraße 2 und organisiert mit kargen Mitteln die Treffen der künstlerischen Elite, die aus der Emigration zurückkehrt. In den 50er Jahren engagiert er sich in der Schwulenbewegung der Nachkriegszeit. Sie scheitert. Homosexualität bleibt verboten und die geheimen Treffs bei Richard Schultz sind wieder gefragt. Sie heißen jetzt „Literarischer Salon“.

Text: Carola Gerlach / Bernd Grünheid

Quellen

LAB A Rep. 358-02, Nr. 44355, 85.Ms 41.39, ./. Moebus u.a. (Spann) wegen § 175 StGB und bündischer Umtriebe.
LAB A Rep. 001-06, Nr. 024488, PA Hans Theodor Spann Stadt Berlin Bezirksverwaltung Köpenick
LAB P Rep. 163, Nr. 61 Standesamt Schöneberg, Sterbeurkunde Spann
Karl-Heinz Steinle: Der Literarische Salon bei Richard Schultz. Schwules Museum Berlin 2002